Wie kommen wir dazu einen Artikel zum Karriereschritt Projektleiter zu schreiben? Wir haben lange überlegt, was man als ersten Beitrag auf einem Projektmanagement Blog veröffentlichten sollte. Der Klassiker wäre natürlich unser Verständnis bezüglich Projektmanagement niederzuschreiben oder direkt ans Eingemachte zu gehen und Best Practices mit Vorlagen zu veröffentlichen.

Nach einem Telefonat mit einem guten Bekannten, der selber Geschäftsführer einer Firma ist, war allerdings klar, worüber der erste Artikel gehen sollte. Es ist nämlich eine der ewigen Debatten die wir z.B. in Vorstellungsgesprächen führen und die bei vielen auf taube Ohren oder gar Unverständnis stößt. Denn es ist uns ganz klar, dass kein Karriereschritt sein darf, wenn man es als Entwickler „endlich schafft“, Projektleiter zu sein. Wieso aber für „den Rest der Welt“?

„Es ist kein Karriereschritt endlich Projektleiter zu sein.“

Von Projektleitern und Entwicklern

Projektleiter und Entwickler (stellvertretend für alle anderen Projektbeteiligten) benötigen ein komplett anderes Skillset und das bedeutet, dass man als guter Entwickler nicht zwangsläufig auch ein guter Projektleiter sein muss. Es ist schon beeindruckend genug, wenn man in einer Disziplin herausragendes leistet. Die Erwartung in zwei verschiedenen Domänen dazu in der Lage zu sein, ist statistisch gesehen zumindest unwahrscheinlich. Sollte dies trotzdem so sein, dann Chapeau, denn du bist „one of a million“ (zumindest ein seltenes Exemplar 😉 ).


Was ein Projektleiter eigentlich den ganzen Tag macht, haben wir in diesem Artikel beschrieben.


Man stelle sich einen stereotypischen Projektleiter vor und überlege was passiert, wenn er spontan anfängt mit den Entwicklern an einer Codebasis zu arbeiten?! Es gibt wirklich nur wenige Entwickler, die das akzeptieren würden, weil sie wissen, welchen Stellenwert die Erfahrung und Methodenkompetenz des Entwickelns für Erfolgskriterien wie Wartbarkeit, Robustheit und Performance einnehmen. Wieso sollte es dann andersherum so ohne weiteres möglich oder auch nur erstrebenswert sein?

Die Unternehmen

Schuld für dieses Dilemma sind aber auch die Unternehmen, beziehungsweise die Personen, die die Bewerbungsgespräche führen. Schon bei Einstellungsgesprächen wird Entwicklern oft in Aussicht gestellt, dass sie, wenn sie sich gut machen, auf dem „Karrierepfad“ voran schreiten und irgendwann Projektleiter werden. Für diese Aussage kann ich mir folgende Gründe vorstellen:

  1. Die Menschen, die die Bewerbungsgespräche durchführen, wissen selbst nicht worüber sie sprechen. Aber sie wissen, dass sie den Kandidaten überzeugen müssen, das Jobangebot anzunehmen und das Wort „Projektleiter“ sich in den Ohren von Leuten toll, fancy und elitär anhört, die es noch nicht gemacht haben.
  2. Man von Projektleitern meint zu wissen, dass sie „viel mehr Geld“ bekommen, und man der Meinung ist, dass das am Namen der Rolle und nicht an einer anderen Verantwortung bzw. Tätigkeit liegt.
  3. Der Mensch im Bewerbungsgespräch nach den 1-2 Stunden mit dem Bewerber wirklich der Meinung ist, dass der gegenüber sitzende Bewerber eines der seltenen Exemplare darstellt, die in allen Bereichen Außergewöhnliches leisten werden…

Ich gebe zu Nummer 3 ist sehr unwahrscheinlich. Wie man in dem Buch „Überzeugt“ von Jack Nasher lesen kann, können Menschen in solch einer kurzen Zeit, wie einem Bewerbungsgespräch, sich kein wirkliches Bild von der wahren Kompetenz eines Menschen machen. Es kommt also, wenn man es platt sagt, auf den ersten Eindruck oder den „Nasenfaktor“ an. Wieso sollte man also einem Entwickler (offensichtlich ohne Begründung) in Aussicht stellen, er kann einmal Projektleiter werden?

Die typische Karriereleiter

Das führt mich zu folgendem Schluss: Die Projektleitung wird in den meisten Firmen zu wenig wertgeschätzt. Was sagt es über die bisherigen Projektleiter aus, wenn jeder Projektleiter werden kann? Jedem der mal an einem Projektplan geleckt hat, ohne zu wissen was es ist, wird auf einmal das nötige Knowhow und die Erfahrung ein Projekt erfolgreich zu führen, zugesprochen. Es unterstützt auch das allseits bekannte „Peterchen-Prinzip“ => Gute und fähige Mitarbeiter werden als Belohnung für gute Dienste so lange ‚befördert‘ beziehungsweise auf neue Posten gesetzt, bis sie der Aufgabe nicht mehr gerecht werden können und so die Leistung sinkt. Auf diese Art ruckeln sich früher oder später alle Kletterer der „Karriereleiter“ auf einem lokalen (persönlichen) Minimum zurecht, was ihre Leistungsfähigkeit (und meistens auch Zufridenheit) angeht. Und schließlich werden so ehemals gute Entwickler zur Mittelmäßigkeit oder gar zum Scheitern verdammt.

„Die Projektleitung wird in den meisten Firmen zu wenig wertgeschätzt.“

Fazit

Zusammengefasst heißt das: „Schuster bleib bei deinen Leisten“. Wenn du ein guter oder gar sehr guter Entwickler bist, dann bleib dabei. Baue deinen Vorsprung vor dem Mittelfeld weiter aus. Denn genau dieser Vorsprung begründet den Wert eines Mitarbeiters (und damit sein Gehalt). Oder aber entscheide dich bewusst und aus Überzegung für eine neue Aufgabe (und mische deine Karten neu) und nicht aus der Denke heraus „mehr aus sich zu machen“. Projektleitung ist eine eigene Disziplin, ein eigenes, sehr interessantes Feld und kein, wirklich kein Karriereschritt.

Seid ihr der gleichen oder noch besser anderer Meinung? Dann hinterlasst doch einfach einen Kommentar.