Sicher hat jeder eine Idee, was hinter einem Projekt, Programm oder Portfolio steckt. Immerhin sind es gebräuchliche Alltagswörter. Eine bekannte Baumarktkette bietet immerhin viele Informationen und Flyer für das nächste „Projekt“ an. „Programme“ kennen wir von unserem Computer in Form von Word, Excel und Powerpoint. Und ein „Portfolio“ war doch das, womit wir immer konfrontiert werden, wenn uns unsere Bankberater etwas über Aktien erzählen, oder?

Ja und nein. Wie in jedem Bereich gibt es auch im Projektmanagement Begriffe, die in anderen Bereichen etwas anderes bedeuten, so natürlich auch hier. Deswegen ist es perfekt für unsere „Was ist eigentlich…“ Reihe.

Dazu eine kleine Anekdote:
Ich war für eine kurze Zeit bei einem namhaften Elektronikkonzern eingesetzt. Dort gab es einen jungen Kollegen, der für die Projektleiterlaufbahn vorgesehen wurde und nun an einem Trainee-Programm teilnehmen durfte. Er schaute sich also den vorgesehenen Karrierepfad als Projektleiter an und stieß darauf, dass es dort auch einen Programmmanager gab. Leider gab es zu dieser Bezeichnung anscheinend keine Beschreibung und so wurden die älteren Kollegen befragt, was sich hinter einem Programmmanager wohl verbirgt. Da es sich um eine IT-Abteilung handelte und er hauptsächlich Entwickler befragte, war schnell eine Antwort gefunden. Ein Programmmanager ist jemand, der Computerprogramme „managed“, also eine Art Administrator. Was das jetzt mit Projektleiter und dem Karrierepfad zu tun hätte, konnte keiner genau beantworten. Sie kamen aber zu der Schlussfolgerung, dass sich die Leute aus dem Personalmanagement wohl mal wieder von ihrer kompetentesten Seite gezeigt haben…

Was also ist ein Projekt, Programm oder Portfolio im Projektmanagementbereich? Fangen wir mit der „kleinsten“ Einheit an.

Das Projekt

Laut gpm ist ein Projekt eine Unternehmung mit klarer Definition, bzw. Anzahl an Merkmalen. Diese sind:

  • Neuartigkeit – Ein Projekt sollte immer etwas Neues beinhalten und verfolgen. Die 100. Überarbeitung einer Prozessbeschreibung ist kein Projekt mehr.
  • Klares Ziel – Ein Projekt verfolgt ein oder mehrere klar festgelegte und formulierte Ziele.
  • Organisationsform – Ein Projekt besitzt eine eigene, festgelegte Form der Organisation.
  • Zeitlich begrenzt – Ein Projekt ist immer zeitlich begrenzt, das heißt es gibt sowohl ein definiertes Start- als auch ein Enddatum
  • Einmaligkeit – Ein Projekt hat etwas Einmaliges zum Ziel und keine Routinearbeit.
  • Begrenzte Ressourcen – Ein Projekt ist mit begrenzten Ressourcen ausgestattet.
  • Interdisziplinär – Ein Projekt besteht aus Mitarbeitern mit Aufgaben aus verschiedenen Disziplinen und Bereichen.
  • Komplexität – Ein Projekt muss hinreichend komplex sein. „Kuchen backen“ ist (abgesehen von meinem Mann) für die meisten somit kein Projekt.

Beispiele für ein Projekt

Beispiele für ein Projekt könnten sein:

  • Entwicklung einer Android App im medizinischen Umfeld zur Erfassung und Verwaltung von Patientendaten.
  • Transformation eines Unternehmens zu einer agilen Organisation.
  • Im privaten Umfeld: Bauen eines Gartenteichs.

Das Programm

Nun ist also klar was ein Projekt ist, aber was könnte ein Programm sein. Die Anekdote vom Beginn dieses Artikels gab eine mögliche Antwort. Diese ist natürlich nicht korrekt im Zusammenhang mit Projektmanagement, obwohl ich natürlich nicht ausschließen möchte, dass es in einem Unternehmen einen „Programmmanager“ gibt der sich wirklich mit Computerprogrammen befasst.

Im Sinne des Projektmanagement handelt es sich bei einem Programm um mehrere Projekte, die alle das gleiche Ziel verfolgen. Es handelt sich also vornehmlich um eine Art der Strukturierung, wenn das Vorhaben für ein einfaches Projekt schlicht zu groß geworden ist. Ein ähnlicher Ansatz ist die Unterscheidung zwischen „Projekt“ und Teilprojekt“, nur halt in die andere Richtung. Hört sich erstmal sperrig an, ist aber eigentlich einfach erklärt.

Beispiel für ein Programm

Ein Programm könnte zum Beispiel die Entwicklung eines neuen PKW-Modells sein. Ein modernes Auto besteht dabei aus einer Vielzahl an Komponenten, die zwar am Ende alle zusammen passen müssen (das gemeinsame Ziel), aber in der Praxis nahezu unabhängig voneinander (abgesehen von gegenseitigen Anforderungen) entwickelt werden.

Um die unglaubliche Menge an Mitarbeitern und Arbeitspaketen zu strukturieren, betrachtet man dann das „Fahrzeugprojekt“ (interner Sprachgebrauch) als ein Programm und die Entwicklung der Komponenten als Projekte.

Das Programm wird von einem Programmmanager (jetzt ist auch endlich geklärt was der eigentlich macht 🙂 ) geleitet. Also wenn man so will, ein Projektleiter über vielen anderen Projektleitern. Sein Planungshorizont ist dabei eher strategisch, als operativ, im Gegensatz zur Arbeit eines Projektleiters.

Das Portfolio

Ein Portfolio ist ebenfalls eine Sammlung von Projekten die ein Ziel verfolgen, doch was ist der Unterschied zu einem Programm?

Ein Portfolio beinhaltet Projekte, die thematisch zusammenhängen können, aber nicht müssen. Alle in einem Portfolio zusammengefassten Projekte tragen zu den gleichen Unternehmens- oder Organisationszielen bei. Das Unternehmen wählt sie aktiv aus. Unternehmen entscheiden strategisch, welche Projekte sie durchführen und welche nicht. Erstere werden dabei Teil des Portfolios.

Beispiel für ein Portfolio

Ein IT-Unternehmen macht 90% seines Umsatzes mit einem ortsansässigen Automobilkonzern. Damit befindet sich das Unternehmen in einer existenzbedrohenden Abhängigkeit von dem einen Kunden und der Branche Automotive. Also wird ein neues Unternehmensziel definiert, um den Umsatzanteil anderer Branchen und Kunden im kommenden Jahr zu erhöhen.

Alle neuen Projekte werden entsprechend diesem Unternehmensziel bewertet und zu einem Portfolio hinzugefügt. Damit kann das Unternehmen die Anstrengungen bündeln und die Effektivität zu erhöhen.

Wenn euch dieser Artikel gefallen hat findet ihr in unserem Glossar-Artikel weitere Begriffe aus dem Projektmanagement erklärt.

Was sind eure Beispiele für Projekt, Programm und Portfolio?