Dieser Erfahrungsbericht, wie ihr den Report für die IPMA Level B-Zertifizierung erstellt, ist ein Mehrteiler. Eine generelle Einführung in die Serie und Links zu allen Teilen, findet ihr in diesem Blogbeitrag: Erfahrungsbericht: Zertifizierung zum Certified Senior Project Manager (IPMA® Level B) nach ICB 4

Der Report für die IPMA Level B-Zertifizierung

Bevor man zur eigentlichen Prüfung zugelassen wird, müssen die geforderten Erfahrungen für das Level B in einem Bericht (Report) nachgewiesen werden. Dafür stehen aber nur maximal 25 Nettoseiten (also Inhaltsseiten, ohne Inhalts-, Abbildungs- und Tabellen-Verzeichnis) zur Verfügung. Für Pläne oder Grafiken stehen weitere, maximal 15 Seiten als Anhang zur Verfügung (Anhänge KÖNNEN genutzt werden. Ich selbst habe keine Anhänge im Report verwendet). Auch Schriftgröße (11 pts), Dateiformat (PDF), Benennung der Datei (Report_Name-Vorname_Version.pdf), Gestaltung des Inhaltsverzeichnisses (Verlinkungen) usw. sind vorgegeben. Zum Glück gibt es aber eine Word-Vorlage, die die formalen Inhalte enthält.
Wir wurden von unserem Trainer eindringlich darauf hingewiesen, dass eine Missachtung der Formatvorgaben dazu führen kann, dass Zertifikanten nicht zugelassen werden! Ob das wirklich so ist, kann ich nicht sagen. In unserer Runde haben sich alle daran gehalten. 😉

Inhaltlich müsst ihr den Report auf „den ESR“ (siehe Teil 1 unserer Reihe) beziehen, den ihr als ESR1 in den Bewerbungsunterlagen vorgestellt habt. Inwiefern ein Projekt ausreicht, um für jede geforderte Qualifikation in der entsprechenden Bloom-Stufe ein Beispiel zu bieten, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich hatte das Glück, dass mein Projekt ausreichend komplex war, um wirklich alles zu bieten. Ich weiß aber auch von mindestens einem anderen (erfolgreichen) Report, der auch Beispiele aus den Projekten ESR2 und ESR3 eingeflochten hat…

Neue Struktur der Inhalte nach ICB 4

Mit Einzug der ICB 4 hat die GPM die Inhalte neu strukturiert. Erfolgreiche Projektleiter müssen nun Erfahrungen und Fähigkeiten in einer Vielzahl von Kompetenzfeldern (genannt „CEs“ für Competence Element) nachweisen. Es gibt insgesamt 28 CEs, die sich auf drei Themenkomplexe „Kontextkompetenzen“, „Persönliche und soziale Kompetenzen“ und „Technische Kompetenzen“ aufteilen. Im ersten Themenkomplex findet sich z. B. das CE „Governance, Strukturen und Prozesse“, im Zweiten „Führung“ und im dritten „Kosten und Finanzierung“.
Jedes CE könnt ihr dabei über drei bis sieben Schlüsselqualifikationen (genannte „KCIs“ für Key Competence Indicator) belegen. Als Beispiele seien hier die KCIs „Das Projekt mit den Supportfunktionen in Einklang bringen“ und „Das Projekt mit den Finanz- und Controlling-Prozessen in Einklang bringen“ aus dem CE „Governance, Strukturen und Prozesse“ genannt.

Für alle, die jetzt trotzdem noch Fragezeichen in den Augen haben, was genau sich hinter den einzelnen KCIs nun verbirgt, hilft die Dokumentation der GPM. Auf der Seite der GPM kann man, nach Angabe seiner Daten, ein PDF herunterladen, in dem die einzelnen KCIs noch mal mit Beispielen weiter detailliert werden. Trotzdem blieb für mich bei dem ein oder anderen Punkt ein Gefühl der Unsicherheit, ob mein gewähltes Beispiel wirklich den Punkt trifft oder am Thema vorbei geht.

Wie werden Kompetenzen im Einzelnen nachgewiesen?

Um einen CE zu „bestehen“, müssen 50 % der unter ihm liegenden KCIs anerkannt werden. Für den CE „Governance, Strukturen und Prozesse“ mit sieben KCIs darunter, müssen also vier KCIs (drei KCIs wären UNTER 50 %) mit treffenden Beispielen (in der jeweiligen Bloomstufe – erkläre ich gleich) belegt werden. Erkennen die Assessoren nur drei an, ist der ganze CE nicht bestanden!
Von den insgesamt 28 CEs muss ein Level B-Projektleiter 22 CEs im Report „bearbeiten“ (also versuchen, mit Beispielen aus seinem ESR1-Projekt zu zeigen) und mindestens elf CEs müssen durch die Assessoren anerkannt werden (durch 50 % bestandene KCIs…), um für die weiteren Prüfungsteile zugelassen zu werden. Von den 22 zu bearbeitenden CEs werden von der GPM bereits 16 fest für den Report vorgegeben (welche das sind, kann im Leitfaden für Level B nachgelesen werden). Die fehlenden sechs CEs könnt ihr aus den übrigen zwölf CEs frei auswählen.

Zurück zum Report für die IPMA Level B-Zertifizierung:

Bevor ihr an das Beschreiben der KCIs gehen könnt, müsst ihr zuerst auf ca. drei Seiten das Projekt vorstellen, anhand dessen ihr die CEs und KCIs im folgenden beschreiben wollt. Die gute Nachricht ist, dass man diese Einleitung ja quasi bereits in Form des ESR1 fertig hat. Die schlechte Nachricht ist, dass durch die Einleitung bereits die ersten drei Seiten von 25 belegt sind…

Gehen wir von durchschnittlich fünf KCIs pro CE aus, müsst ihr jeweils mindestens (!) drei KCIs pro CE bearbeiten. Mit 22 zu bearbeitenden CEs heißt das dann 66 KCIs im Report. Berücksichtigt man die verbleibenden 22 Seiten, bedeutet das, dass man im Schnitt nur drei KCIs auf einer Seite bearbeiten kann. Das ist alles andere als viel Platz und auch der Grund, warum ich von meiner anfänglichen Idee einfach 75 % aller KCIs zu bearbeiten, um die 50 % sicherer zu erreichen, abrücken musste. Und die Schwierigkeit darin bestand, genau DIE 50 % KCIs auszuwählen, die ich am „sichersten“ belegen konnte.

Als kleine Hilfe haben wir ein Word-Template erstellt, welches ihr euch runterladen könnt:

Die STAR-Methode

Doch wie genau belegt man die Erfahrung in einem KCI? In der Dokumentation zur Zertifizierung wird die STAR-Methode oder die „vereinfachte“ STAR-Methode empfohlen.
STAR steht für:

  • Situation – Wie war die Situation im Projekt, bevor man seine Fähigkeiten im KCI angewendet hat?
  • Task – Was war die Aufgabe oder das Problem, das man durch seine Fähigkeiten (im zu beschreibenden KCI) lösen wollte?
  • Action – Was genau hat man gemacht?
  • Result – Reflektierend, mit dem Wissen von heute, wie war das Ergebnis?

Die vereinfachte STAR-Methode beschränkt sich auf „Herausforderung“, „Umgang mit der Herausforderung“ und „Ergebnis“. Ich habe mich in meinem Report an die normale STAR-Methode gehalten und bin gut damit gefahren.

Ein Beispiel aus meinem Report für die Zertifizierung IPMA Level B:

Als Anschauungsobjekt nehme ich das KCI 04.04.08.05 „Ganzheitliche Sicht auf das Projekt und seinen Kontext fördern, um den Entscheidungsprozess zu verbessern.“ aus dem Wahl-CE „Vielseitigkeit“:

Situation: Das Produktmanagement (PDM) war für alle (Teil-)Projekte (Software, Hardware und Design) die Quelle der Spezifikationen und Anforderungen. Vor diesem Projekt hatte das PDM nur einen Ansprechpartner: die Hardwareentwicklung. Die Neuartigkeit des agilen Vorgehens mit seiner offenen Spezifikation in Kombination mit den verschiedenen Ansprechpartnern, machte es für das PDM schwer, eine über alle Teams konsistente Vision zu skizzieren.

Task: Auf Grund meiner Erfahrung in den Bereichen Softwareentwicklung, UX-Design, Design Thinking und Projektmanagement konnte ich dem PDM quasi als „Übersetzer“ zwischen den Projekten dienen, und so helfen eine konsistente Vision zu etablieren.

Action: Da Abstimmungsrunden mit nur einem Projekt immer wieder in abweichenden Visionen mündeten, habe ich mich dem PDM als Moderator für wöchentliche Konzeptmeetings mit Vertretern aus allen Projekten angeboten. Ziel der von mir organisierten Konzeptmeetings war es, das BigPicture konsistent zu halten und gemeinsame Entscheidungen zu treffen.

Result: Über einen längeren Zeitraum wurden die Konzeptmeetings wöchentlich jeweils über vier Stunden durchgeführt. Auf diese Weise näherten sich die verschiedenen Teams mehr und mehr einer gemeinsamen Denkweise an, so dass die Häufigkeit der Konzeptmeetings irgendwann verringert werden konnte.

Bevor wir uns mit den Bloomstufen dem letzten Punkt zuwenden, möchte ich noch kurz auf die Nummerierung des KCI hinweisen. Die Zahlen „04.04.08“ bezeichnen das CE „Vielseitigkeit“ und bei „05“ handelt es sich um das 5te KCI. Auch diese Art der eindeutigen Identifikation ist wichtig für die Assessoren!

Die Bloomstufen für den Report IPMA Level B

Je nach Zertifizierungslevel muss der Projektleiter unterschiedlich „tief“ die Materie durchdrungen haben. Zur Unterscheidung, wie viel Know How im jeweiligen Thema vorhanden ist, gibt es sechs Bloomstufen. Die Ursprünge der Bloomstufen kann man bei Wikipedia nachlesen. Für uns sind nur die verschiedenen Abstufungen wichtig:

  • 1te Stufe: Wissen – Kann Methoden und Inhalte 1 zu 1 wiedergeben.
  • 2te Stufe: Verstehen – Versteht einfache zusammenhänge, kann einzelne Details einordnen und es in eigenen Worten wiedergeben.
  • 3te Stufe: Anwenden – Kann die Methoden und Konzepte im Alltag anwenden.
  • 4te Stufe: Analyse – Kann einen komplexen Sachverhalt in grundlegende Elemente und Teile zerlegen.
  • 5te Stufe: Synthese – Kann einen eigenen Plan komplett aufbauen.
  • 6te Stufe: Beurteilen/Evaluieren – Kann die Pläne anderer Projektleiter beurteilen und ggf. vorhandene Fehler finden.

Welche Bloomstufe man bei welchem CE/KCI erreichen muss, kann wieder im Leitfaden allgemein für die ICB 4 nachgelesen werden. Als Level B-Projektleiter muss man (bis auf wenige Ausnahmen) bei allen KCIs die Bloomstufen vier bis sechs erfüllen.

Es ist mir sehr schwer gefallen die einzelnen KCIs so zu schreiben, dass aus der Formulierung die nötige Stufe erkannt werden konnten. Und das trotz der erklärenden Sätzen hinter den Stufen. Geholfen hat mir schlussendlich ein sehr guter Beitrag von Frau Dr. Sandra Bartsch-Beuerlein, den sie im GPM-Blog verfasst hat. Thema: wie man durch die Wahl geeigneter Verben die richtige Stufe trifft.

Quellenangaben
Die Vorgaben der GPM können in folgenden Dokumenten nachgelesen werden